Die Krankheiten des Mittelalters

 
Englischer Schweiß

Im späten Mittelalter (1508-1578) taucht in England eine Seuche auf und verschwindet danach wieder - der Englische Schweiß. Die Gründe sind unklar, aber diese hochansteckende Krankheit kostete in den mehrfachen Epidemien rund einem Drittel der Stadtbevölkerung das Leben. Beim vierten epidemischen Ausbruch 1529 überquerte die Krankheit den Kanal und liess nur Frankreich und Italien aus.

Der Englische Schweiß äusserte sich zunächst mit plötzlichen Angstzuständen, Schüttelfrost, Schwindelgefühl, Kopf- und Halsschmerzen und Gliederreissen. Nach dem "kaltem Stadium" von bis zu drei Stunden folgten die berüchtigten Schweissausbrüche, Nasenbluten, Krämpfen, Herzrasen und Herzschmerz bis zu einem möglichen Delirium und Koma. Die Erkrankten fielen dann in einen tödlichen Schlaf - von Ausbruch bis Tod konnten wenige Stunden bis ein Tag vergehen. Eine weitere Folge für diejenigen, die die gefährlichen ersten zwei Tage überstanden hatten, war das Einsetzen von Gelbsucht.

Als Erklärung galten stellare Einflüsse (Wetterkapriolen, Meteore, etc.), einer Arzt beschrieb die Krankheit daher so: Schlechte, giftige Luft dringt in die linke Herzkammer ein, das Blut wird mit dieser "gekocht" und verseucht anschliessend den ganzen Körper... Als Therapie galten unter anderem das Verhindern des Einschlafens durch ständiges Schütteln oder reinigende Schweissausbrüche mit grosser Wärme und absolutem Stillhalten herbeizuführen, aber auch Einreibungen, alkoholische Getränke, der Aderlass, abführende Mittel und andere Standardprozeduren der damaligen Heilkunst.

Literatur: Karfunkel 63, 2006


Das Heilige Feuer

Vor allen in den Schlechten Klimatischen Zeiten Trat es auf


Lepra

Auch Aussatz genannt, heute nur noch in unterentwickelten Ländern anzutreffen. Erstmals beschrieben im antiken Griechenland verbreitete sich die von Bakterien verursachte Krankheit allmählich auch in Europa - die ersten Quellen stammen aus Ägypten, um 1550 vor Christi. Von Griechenland aus und mit Hilfe des romanischen Imperiums gelangte im vierten Jahrhundert auch nach England und Deutschland - die weitere Verbreitung ergab sich aus den Bewegungen des Mittelalters (Handel, Pilgerzüge) und günstigen Umständen (zB. die grossen Städte).

Die frühe Medizin kannte kein Mittel gegen die Lepra und wurde zudem durch die Kirche behindert, welche diese Krankheit (wie so viele andere) als ein Werk Gottes ansah - in welches Mensch ausser einem christlichen Lebenswandel nicht einzugreifen hatte. Als Ursache galten besonders eine zu üppige Lebensweise, charakterliche Eigenschaften wie Jähzorn, Wollust oder ein Ungleichgewicht der Säfte, ganz später auch Vererbung. Heute weiss man, dass die Lepra eine durch Bakterien verursachte Entzündung und Erkrankung der Nerven ist, die zu dem typischen Krankheitsbild führt: Nervenschäden bis hin zu Lähmungen, Zerstörung des Gewebes und Geschwülste.

"Bekannte" (aber erfolglose) Heilmethoden gegen den Aussatz waren Bäder, Salben, zerstampftes Vipernpulver, mit Vipern gefütterte Hühner, das Essen von Springfröschen, in Alkohol eingelegte Erdbeeren und in Einzelfällen gar die Kastration. Doch den Betroffenen half das nicht viel, da sich die christliche Heilkunde der "Strafe Gottes" und die Erkrankten aus der Gesellschaft ausschloss. In Lepra-Schauen wurde entschieden, ob jemand als aussätzig zu gelten hatte.

Wenn die Lepra-Kranken nicht gerade als eine Verkörperung des Schlechten betrachtet wurden und in Notsituationen ermordet wurden (zwecks Reinigung der Gesellschaft und damit der Abwendung weiterer göttlicher Strafen, galten sie doch als unrein und mussten damit jeden Kontakt mit gesunden Menschen vermeiden, diesem Zwecke dienten auch einige Erkennungszeichen (Glöckchen, spezielle Kleidung, Frisur, etc.). Mit der Zeit änderte sich die mittelalterliche Gesellschaft, aus christlichen Motiven (Die Aussätzigen leiden für ihre Sünden!) und gesellschaftlichen Gründen (Nicht nur das niedere Volk litt daran) entstanden "Leprosorien" - klosterähnliche Einrichtungen, in denen sich die Kranken aus eigener Kraft und den wohltätigen Gaben versorgen mussten.
 
Literatur: Karfunkel 62, 2006


Pocken

Was gibt es für ein schöneres Schimpfwort für reisene Medici als "Pockenarzt" - doch auch wenn diese Krankheit heute als Einzige für ausgerottet erklärt wurde, war sie in der Frühzeit und im Mittelalter sehr ernstzunehmen. Wie die Pest trat sie epidemisch auf und konnte so in kurzer Zeit viele Menschen töten.

Aus dem Mittelmeer kommend, wo die Pocken schon länger bekannt waren, durchdrang die Krankheit das römische Reich und dezimierte dessen Bevölkerung um ein Drittel bis ein Viertel. Die Erkrankten litten an den ganzen Körper bedeckende Pusteln, auch Blattern genannt, verbunden mit einem starken Juckreiz. Mit etwas Glück blieb von den Pusteln nichts zurück, aber neben den Narben waren auch Erblindung, Taubheit und Lähmung möglich, mindestens 10-30% aller Erkrankten starben jedoch daran, es konnten auch bis zu 90% sein.

Erst Anfang des 18. Jahrhunderts fand ein im Nahen Osten bekannteres Verfahren der "Impfung" den Weg nach Europa, die Gemahlin eines englischen Botschafters brachte es mit nach England. Dabei wurden noch die echten Pocken eingeimpft, mit den Folgen eines harmloseren Verlaufs und damit verbundener Immunität. Erst 1796 bekam ein Junge von dem Arzt Edward Jenner die harmlosere Impfung mit den verwandten Kuhpocken, ein weitaus ungefährlicheres Verfahren.
 
Literatur: Karfunkel 61, 2006


Ruhr/ Typhus

Auch wenn es sich bei diesen Bezeichnungen nicht um eine, sondern zwei Krankheiten handelt - sie passen gut zusammen... Eines der Hauptprobleme der Menschheit ist und war der Zugang zu sauberen Trinkwasser. Die Ruhr und noch schlimmer Typhus werden (meines Wissens nach) vor allem über unhygienische Bedingungen und verunreinigten Lebensmitteln übertragen - was in ärmlichen oder eng zusammengedrängten Zusammenleben schnell vorkommt.

Die Ruhr unterscheidet sich in der eigentlichen Infektionskrankheit und der Amöbenruhr - beides bedingt Probleme im Darm, verursacht Geschwüre und Durchfall mit Erbrechen und Fieber. Gefährlich ist hierbei vor allem die Austrocknung.

Typhus wird durch Bakterien verursacht, ebenfalls durch verseuchte Lebensmittel und Wasser. Fieber, Mattigkeit, Kopfschmerzen und Durchfall mit möglichen Geschwürbildungen oder Gehirnhautentzündungen sind die Folge. Sowohl Austrocknung als auch Darmdurchbrüche und die Gehirnhautentzündung können nicht behandelt tödlich sein.

Es ist bekannt, dass diese Krankheiten ganze Kriegszüge behinderten, da gerade ein grosses Feldlager auf die wenigen Wasserquellen der Umgebung angewiesen war und die sanitären Bedingungen katastrophal waren. Körperlich geschwächte Krieger laufen langsamer, sind schneller erschöpft und kämpfen schlechter. Also legte ein guter Feldherr auch Wert auf Sauberkeit und eine Trennung von Abort und Wasserquelle...

Kommentar: Der geübte Medicus hat sicher schon davon gehört, vor allem wenn er schon bei Feldzügen anwesend war. Und da so etwas immer drohen könnte, weiss er natürlich auch, wie man etwas bessere Zustände schaffen kann und Abhilfe bei Erkrankungen schafft.


Skorbut

Eigentlich handelt es sich bei der gerade bei Seefahrern oft vorkommenden Erkrankung nicht um so eine - Skorbut ist eine Mangelerscheinung, hier fehlte über längere Zeit Vitamin C. Das führte unter anderem zu Zahnausfall, körperlicher Schwäche und einer Schwächung des Immunsystems. Ein Grund für dieses Leiden war die einseitige Ernährung und die schlechten Konservierungsmöglichkeiten: Frisches Obst und Gemüse waren besonders auf hoher See und wochenlangen Fahrten kaum vorhanden und unter den Lagerbedingungen sehr schnell verdorben.

Auch wenn die Ursache nicht direkt gefunden wurde, fand man in England ein Mittel gegen Skorbut: Zitrusfrüchte und Sauerkraut. Zitrusfrüchte waren wie das Sauerkraut länger haltbar, letzteres zudem noch sehr günstig. Heute tritt Skorbut bei uns nicht mehr auf, wie auch die in Entwicklungsländern noch vorkommende Blindheit bedingt durch einen Mangel an Vitamin A.


Tuberkulose

Die Schwindsucht, wie die Tuberkulose genannt wurde, gehört nicht in die Kategorie "Grosse Epidemien". Tuberkulose wird durch Bakterien verursacht und betrifft häufig die Lunge, aber auch die Haut, Darm und Knochen. Wie der Name schon besagt, führte die Schwindsucht bei den Betroffenen zu einem langsamen Dahinsiechen, denn eine effektive Behandlung gab es ohne Antibiotika noch nicht. Selbst bei einer scheinbaren Heilung konnte die Krankheit jederzeit wieder ausbrechen und ist in der schlimmsten Ausformung hochansteckend.

Daher  betraf die Schwindsucht auch vor allem diejenigen, die unter engen, unhygienischen und ungesunden Bedingungen leben mussten. Aber es traf auch höher gestellte, wohlhabende Menschen. So hat man selbst bei ägyptischen Mumien Spuren von Schwindsucht gefunden. Es sind aus der Literatur einige Luftkuraufenthalte bekannt, was auf einen gewissen Besserungsgrad schliessen lässt.


Warzen

Ich finde, dass die Warzen allein wegen ihrer Bekanntheit und den unzähligen Rezepten dagegen hierhin gehören. Es handelt sich hierbei um gutartige Wucherungen, hervorgerufen durch Viren, die jedoch schon im Mittelalter lästig waren. Mangels effektiver Mittel behalf man sich mit dem Küssen von Kröten, sammelte an Vollmondnächten und anderen besonderen Tagen Kräuter und besann sich auf viele andere netten Mitteln, die hier vielleicht später zahlreicher vorhanden sind.


Zahnschäden

Seitdem es die Menschen gibt, haben sie wahrscheinlich auch Probleme mit den Zähnen. Ob alte Gebisse aus der Steinzeit oder ägyptische Mumien - überall sind die Zähne abgenutzt, fehlen bisweilen und wurden schon in Ägypten durch Provisorien ersetzt. Auch im Mittelalter gab es das Problem, bedingt durch schlechte Zahnpflege und einer Ernährung, die Abnutzungserscheinungen an den Zähnen hervorrief (Getreide, besonders wenn es sehr grob ist oder gar Erde enthält) und zu einseitig war.

Bei Zahnschmerzen half der Barbier und Zahnreisser, der diese Probleme schnell, einfach und günstig löste: Mit der Zange den lädierten Zahn entfernen! Nicht helfen konnte er gegen Zahnausfall, der sich wegen schlechter Ernährung und Gesundheit ergab - auch heute kennen wir aus dem Fernsehen die Bilder alter, zahnloser Menschen in Gebieten mit schlechter ärztlicher Versorgung und Ernährung.