- Deutschland - von Ingo Runde
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213 |
Der römische Kaiser M. Aurelius Antoninus (Caracalla)
bricht am 11. August von Rom aus zu einem Feldzug gegen Germanen auf,
die in späterer Überlieferung mit den Alemannen gleichgesetzt werden.
Noch im selben Jahr feiern die fratres Arvales
in Rom den "Germanen"-Sieg des Kaisers im fernen "Barbaren"-Land. |
233 |
Durch den Einfall von Germanen (Alemannen?) in die
Grenzprovinzen Raetien und Obergermanien wird Kaiser M. Aurelius Severus
Alexander zum Abbruch seines Perserfeldzuges gezwungen. |
259/60 |
Germanen überwinden in breiter Front den
obergermanisch-raetischen Limes, dessen Besatzung wegen der
innerrömischen Auseinandersetzung zwischen Kaiser Gallienus und dem
Ursurpator Postumus erheblich reduziert ist. |
260 |
Am 11. September läßt der Ritter Marcus Simplicinius
Genialis in der Nähe von Augsburg einen Weihestein an die Siegesgöttin
Victoria errichten, der an den am 24./25. April des Jahres errungenen
Sieg der Römer gegen "die Barbaren des Stammes der Semnonen oder
Juthungen" erinnert. Die Juthungen werden am Ende des 4. Jahrhunderts
als (Teil-)Stamm der Alemannen bezeichnet, welche zu dieser Zeit
Streifzüge bis nach Gallien und Oberitalien durchführen. |
268 |
Als Nachfolger des ermordeten Gallienus schlägt M.
Aurelius Claudius die Germanen (Alemannen?) am Gardasee. |
269 |
In seiner ersten Rede spricht der gallische
Gegenkaiser Marius davon, daß "omnis Alamannia omnisque Germania"
das römische Volk unter seiner Herrschaft fürchten sollen. Das Zitat
findet sich allerdings in der sogenannten Historia Augusta,
welche Lebensbeschreibungen der Kaiser von Hadrian (117-138) bis Carinus
(283-285) enthält. Es handelt sich dabei um eine Fälschung, die ein
Unbekannter Ende des 4. Jahrhunderts angefertigt hat. Sie gibt jedoch
vor, von sechs (erfundenen) Verfassern zwischen 284 und 337 geschrieben
worden zu sein. Somit scheidet die Stelle als gesicherter Erstbeleg für
den Alemannennamen aus. |
270 |
Erneut fallen Germanen, die als "juthungische
Skythen", von späteren Schriftstellern auch als Sueben oder Alemannen
bezeichnet werden, in Oberitalien ein, wo sie bei Fano an der Adriaküste
von Kaiser L. Domitius Aurelianus geschlagen werden. |
278-282 |
Durch Kaiser M. Aurelius Probus werden nach Gallien
eingefallene Germanen hinter den "nassen Limes" zurückgeworfen und die
Befestigungen an Rhein, Donau und Iller verstärkt. |
280 |
Nach seinen Erfolgen gegen "Alamannos,
qui tunc adhuc Germani dicebantur", wird Proculus zum Gegenkaiser von
Aurelius Probus ausgerufen. Diese Textstelle dient als ein Beleg dafür,
daß unter dem Alemannennamen nun verschiedene Völkerschaften
zusammengefaßt werden, die vorher als Germanen bezeichnet worden sind.
Da es sich jedoch ebenfalls um ein Zitat aus der Historia Augusta
handelt, kommt auch das Jahr 280 als Datum für eine als sicher
anzunehmende Ersterwähnung nicht in Betracht. Berücksichtigt man zudem
die Entstehungszeit dieser als Fälschung aus dem ausgehenden 4.
Jahrhundert erkannten Quelle, so kann das Zitat sogar als Argument für
einen erst im Laufe des 4. Jahrhunderts allgemein durchgesetzten
Alemannennamen gesehen werden. |
287 |
In einem 297 verfaßten Panegyricus auf Constantius I.
ist das Gebiet Alamannia für das Jahr 287 belegt. Als Reaktion
auf einen germanischen Vorstoß des Jahres 285 beginnt Kaiser Maximianus
286/7 mit einer Gegenoffensive und dringen 288 römische Truppen unter
Führung des Diocletianus von Raetien aus in den angrenzenden Teil
Germaniens vor. |
289 |
Am 21. April 289 hält Mamertinus in Trier eine
Lobrede auf Kaiser Maximianus und erwähnt dabei erstmals den
Stammesnamen der Alemannen. Vermutlich Bezug nehmend auf die Ereignisse
des Jahres 287 berichtet er über die Unterwerfung des Königs Gennobaudes
und darüber, daß Burgunder und Alemannen einen Einfall nach Gallien
unternommen hätten, dabei jedoch durch Hunger und Seuchen zugrunde
gegangen seien. |
298 |
Bei Langres fallen angeblich 60.000 Alemannen im
Kampf gegen Fl. Valerius Constantius I. (Chlorus), der seit 293 als
Mitkaiser Britannien, Gallien und Spanien verwaltet. Die wahrscheinlich
übertrieben hohe Angabe gegnerischer Verluste könnte aus der Tatsache
resultieren, daß Constantius noch kurze Zeit vor seinem Sieg die Flucht
ergreifen mußte, was angesichts solch beeindruckender Zahlen vertretbar
erscheinen soll. |
306 |
Ein Alemannenfürst C(h)rocus ist in York
(Britannien) an der Erhebung des Fl. Constantinus zum Augustus
beteiligt. |
323 |
Caesar Iulius Crispus erhält nach seinem
erfolgreichen Feldzug gegen Alemannen den zum ersten Mal numismatisch
belegten Siegerbeinamen Alamannicus, der 331 auch für Claudius
Constantinus bezeugt ist. |
354 |
Kaiser Constantius II. schließt nach erfolgreichem
Kampf gegen Alemannen bei Augst mit den Königen des Breisgau, den
Brüdern Gundomadus und Vadomarius, einen Friedensvertrag und nimmt
daraufhin den Siegerbeinamen Alamannicus Maximus an. |
355 |
Kaiser Constantius II. besiegt die Lentienser in der
Nähe des Bodensees. Am 6. November ernennt er seinen Vetter Fl. Claudius
Julianus zum Caesar und entsendet ihn nach Gallien. |
357 |
Nach einem Sieg der Alemannen über den römischen
Heermeister Barbatio bei Augst ziehen mehrere Alemannenkönige unter der
Leitung von Chnodomarius und Serapio gegen die Römer in die Schlacht von
Straßburg. Sie werden vom Caesar Julianus vernichtend geschlagen. Von
den 35.000 Alemannen sollen 6-8.000 gefallen sein, während die Römer nur
247 Tote (von 13.000) zu beklagen haben. Im selben Jahr werden nach
Raetien eingefallene Juthungen von Barbatio zurückgeschlagen. |
358 |
Von Paris kommend überquert der Cäsar Iulianus den
Rhein und trifft auf die alamannischen reges Suomarius und
Hortarius, welche sich ihm unterwerfen und römische Kriegsgefangene
ausliefern. |
359 |
Bei Mainz überschreitet Iulianus nochmals den Rhein
und schließt mit den Alemannenkönigen Macrianus, Hariobaudes, Urius,
Ursicinus, Vestralpus und Vadomarius Friedensverträge. |
360 |
Alemannen aus dem Breisgau überfallen an Raetien
angrenzende Gebiete. Ihr König Vadomarius wird daraufhin von Iulianus
gefangengenommen und nach Spanien verbannt. Für letzteren ist auf einem
Meilenstein der Siegestitel Alamannicus maximus bezeugt. |
364 |
Kaiser Valentinianus I. verweigert den
Alemannenkönigen in Mailand die erhofften Tributzahlungen; damit beginnt
eine Wende in der Alemannenpolitik. |
365 |
Im Kampf gegen weit nach Gallien eingedrungene
Alemannen fällt der römische Heermeister Charietto, ein Franke. |
366 |
Die Römer schlagen unter ihrem Reitergeneral Iovinus
Alemannen bei Châlon-sur-Marne. |
368 |
Nach einem Überfall des Alemannenkönigs Rando auf die
Stadt Mainz überschreitet Valentinianus den Rhein und siegt gegen
Alemannen, die sich auf einer Höhe verschanzt haben. Im selben Jahr wird
der Breisgaukönig Vithicabius auf Anstiften der Römer ermordet. |
369 |
Kaiser Valentinianus beginnt, die Rheingrenze mit
Kastellen zu sichern und Heermeister Theodosius geht von Raetien aus
erfolgreich gegen Alemannen vor. |
370/71 |
Der Versuch des Kaisers, den Bucinobantenkönig
Macrianus mit Hilfe der Burgunder gefangenzunehmen, mißlingt. Der an
seiner Statt eingesetzte Fraomarius kann sich bei den Bucinobanten nicht
durchsetzen, so daß Macrianus schließlich ein Bündnisvertrag gewährt
werden muß. |
378 |
In einer Schlacht bei Argentovaria (Horburg im
Elsaß) werden die vom Lentienserkönig Priarius angeführten Alemannen
durch das von den Franken Nannienus und Malobaudes angeführte römische
Heer vernichtend geschlagen. Von 40.000 Alemannen sollen nur 5.000
überlebt haben. Die Flüchtenden werden von Kaiser Gratianus auf
rechtsrheinischem Gebiet verfolgt und unterworfen. |
383 |
Die über die Donau nach Raetien eingefallenen
Juthungen werden von Bauto, einem römischen Heermeister fränkischer
Herkunft, zurückgeworfen. |
392 |
Fl. Eugenius, der von Kaiser Theodosius I. nicht als
Mitkaiser anerkannt wird, schließt unter anderem mit Alemannen einen
Bündnisvertrag ab. |
406/07 |
Alemannen überschreiten gemeinsam mit Vandalen und
Alanen den Rhein, als der römische Heermeister die Rheingrenze zur
Abwehr der Ost- und Westgoten entblößen muß. |
411 |
Mit Unterstützung von Franken, Burgundern und
Alemannen wird Fl. Iovinus zum Kaiser ausgerufen. |
430 |
Die Juthungen werden beim Angriff auf Raetien vom
römischen Heermeister Aetius zurückgeschlagen. |
443 |
Den Burgundern, die seit 409 um Mainz und Worms
siedelten, wird vom römischen Heermeister Aetius in der gegend von Genf
ein neues Wohngebiet zugewiesen. Die Alemannen können sich daraufhin
auch über den Rhein hinweg ausdehnen. |
451 |
In der Schlacht auf den Katalaunischen Feldern
kämpfen Alemannen auf seiten des Hunnenkönigs Attila und vermutlich auch
auf römischer Seite mit. |
454/55 |
Mit dem Niedergang des weströmischen Reiches beginnt
die Zeit der größten Freiheit und Ausdehnung der Alemannen. |
469 |
Alemannen, "die durch einen Teil Italiens gezogen
waren", werden vom Frankenkönig Childerich und dem späteren König von
Italien Odoaker besiegt. |
470/76 |
Der hl. Severin erlangt in der Nähe von Passau vom
Alemannenkönig Gibuldus die Freilassung von Kriegsgefangenen. Fast zur
selben Zeit gelingt es dem hl. Bischof Lupus, vom Alemannenkönig
Gebavultus Gefangene seiner Diözese Troyes freizubekommen.
Möglicherweise handelt es sich um denselben Alemannenkönig
Gibuldus/Gebavultus. |
496/97 |
In einer Schlacht gegen die Franken, deren König
Chlodwig im Verlauf des Kampfes angeblich seine Taufe gelobt,
unterwerfen sich die Alemannen, nachdem ihr (namentlich nicht genannter)
König gefallen ist. Ob sich die Nachricht, der Rheinfrankenkönig
Sigibert sei bei Zülpich (Kreis Euskirchen) in einem Kampf gegen
Alemannen verwundet worden, auf diese Schlacht bezieht, ist unsicher. |
506/07 |
Aus einem Brief Theoderichs des Großen an den
Frankenkönig Chlodwig kann auf eine weitere Niederlage von Alemannen
gegen Franken geschlossen werden. Der Ostgotenkönig nimmt einen Teil der
Alemannen unter seinen Schutz. |
537 |
Der Ostgotenkönig Witigis überläßt dem Frankenkönig
Theudebert I. unter anderem Churrätien und das Protektorat über "die
Alemannen und andere benachbarte Stämme". Damit befinden sich alle
Alemannen unter fränkischer Herrschaft. |
553/54 |
Die Herzöge Butilin und Leuthari, zwei Brüder
alemannischer Herkunft, durchziehen mit einem Heer aus Franken und
Alemannen Italien. |
587 |
Der austrasische König Childebert II. setzt den
Alemannenherzog Leudefredus ab und bestimmt Uncelenus zu seinem
Nachfolger. |
595 |
Nach dem Tode Childeberts II. wechseln der Thurgau,
der Kembsgau und das Elsaß an Burgund und der Alemannenherzog Uncelenus
damit zum frankoburgundischen König Theuderich II. |
605/06 |
Der Alemannenherzog Uncelenus läßt den burgundischen
Hausmeier Protadius ermorden. |
607/08 |
Uncelenus wird wegen der Ermordung des Protadius von
der Königin Brunichilde mit dem Abschlagen eines Fußes bestraft und
dadurch amtsunfähig. |
610 |
In der Schlacht bei Wangas (in der Nähe von
Bern?) kämpfen Alemannen mit transjuranischen Truppen und kehren mit
reicher Beute zurück. |
631/32 |
Ein alemannisches Heer unter dem Herzog Crodebertus
nimmt an einem Feldzug des Frankenkönigs Dagobert I. gegen den
slawischen Herrscher Samo teil. |
635-650 |
In Überlingen am Bodensee residiert ein Herzog Gunzo,
dessen Tochter Fridiburga dem Frankenkönig Sigibert III.(?) zur
Vermählung bis an den Rhein zugeführt wird. Gunzo lädt die Kleriker und
Bischöfe der Umgebung zu einer Synode ein und leitet die Wahl des
Diakons Johannes zum Bischof von Konstanz. Ob Gunzo mit dem zur gleichen
Zeit bezeugten Herzog Gundoin identisch ist, der das Kloster
Moutier-Gradval gründete, ist unsicher. |
643 |
Der Alemannenherzog Leuthari läßt Otto, den Erzieher
des Frankenkönigs Sigibert III., ermorden und ebnet damit Grimoald dem
Älteren den Weg zur Erlangung des Hausmeieramtes in Austrasien. |
700 |
Gotfrid, Herzog von Alemannien, schenkt auf Bitten
eines Priesters Magulfus in Cannstatt den Ort Biberburg (bei Stuttgart)
an die Zelle des hl. Gallus. |
709 |
Der Alemannenherzog Gotfrid stirbt; seine beiden
Söhne Lantfrid und Theudebald erheben Anspruch auf den dux-Titel. |
709-712 |
Pippin der Mittlere führt Feldzüge gegen einen
Alemannenherzog Wilharius, der im "Gebiet der Alemannen" in der Ortenau
residiert. |
719 |
Der in Chur zum Priester geweihte Alemanne Otmar
gründet am Grab des hl. Gallus eine Mönchsgemeinschaft. |
722 |
Der fränkische Hausmeier Karl Martell unterwirft
Bayern und Alemannien mit Waffengewalt. |
723 |
Bayern und Alemannen erheben sich erneut unter Bruch
der Friedenseide gegen Karl Martell. |
724 |
Der Klosterbischof Pirmin gründet unter dem Schutz
Karl Martells das Kloster Reichenau. |
727 |
Pirmin wird von Theudebald, dem Sohn Gotfrids und
Bruder Lantfrids, "aus Haß gegen Karl" Martell von der Reichenau
vertrieben. Auch Pirmins Nachfolger Heddo wird 732 vertrieben. |
730 |
Karl Martell führt einen Feldzug gegen Herzog
Lantfrid durch, der noch im selben Jahr stirbt. |
741 |
Nach dem Tode Karl Martells wird das Frankenreich
unter seinen beiden Söhnen aufgeteilt; Karlmann erhält unter anderem
Alemannien. |
742 |
Gemeinsam ziehen die Hausmeier Pippin und Karlmann
gegen den Alemannenherzog Theudebald, der gemeinsam mit Wasconen, Bayern
und Sachsen im Elsaß einen Aufstand angezettelt hat. |
743 |
Pippin und Karlmann ziehen gegen den Bayernherzog
Odilo, der von Slawen, Sachsen und Alemannen unter Herzog Theudebald
unterstützt wird. Odilo und Theudebald müssen nach einer Niederlage am
Lech fliehen. |
744 |
Pippin vertreibt den im Elsaß rebellierenden
Alemannenherzog Theudebald und bringt "den Dukat in dieser Gegend wieder
an sich". |
746 |
Karlmann schlägt einen letzten Aufstand in Alemannien
nieder und hält bei Cannstatt eine Versammlung ab, auf der die
Verantwortlichen bestraft werden. Das alemannische Herzogtum erlischt. |
* Die Zeittafel wurde zur Ausstellung Die Alamannen in Stuttgart (1997), Zürich (1997/98) und Augsburg (1998) erstellt.
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